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Dorferneuerung

Die Dorferneuerung ist einer der bedeutendsten Bestandteile der Politik für den ländlichen Raum. Die Dorferneuerung unterstützt Menschen und ländliche Gemeinden. Auch in den Dörfern sollen Lebensverhältnisse geschaffen werden, die jenen in den Städten und Ballungsgebieten gleichwertig sind. Vor dem Hintergrund großer Herausforderungen, z. B. der demografischen Entwicklung mit steigendem Durchschnittsalter und teilweisem Bevölkerungsrückgang sowie dem Klimawandel, trägt die Dorferneuerung dazu bei, die Lebens- und Wirtschaftsverhältnisse im ländlichen Raum als Grundlage für Heimatbindung und als Standortfaktor zu verbessern.

Bei der Dorferneuerung ist die Aktivierung und Einbindung der Dorfbewohner in die Planungs- und Entscheidungsprozesse ein zentrales Anliegen.

In der Planungsphase steht der Dialog mit den Bürgern im Mittelpunkt. Das mobilisiert die Eigenkräfte und stärkt das Selbstbewusstsein sowie die Ortsverbundenheit und das Heimatgefühl. Gleichzeitig erhöht diese Vorgehensweise wesentlich die Akzeptanz staatlicher und kommunaler Vorhaben. Die dazu notwendige Informationsarbeit und Beteiligung erfolgen in Arbeitskreisen, Versammlungen, Sprechtagen, Ortsbegehungen und öffentlichen Vorstandssitzungen.

In den Berichtsjahren wurden 245 Dorferneuerungen eingeleitet. 219 davon sind „Einfache Dorferneuerungen“ mit begrenztem baulichem und finanziellem Umfang, die ohne Einleitung eines Verfahrens nach dem Flurbereinigungsgesetz durchgeführt werden. Für 73 der 1 420 laufenden Dorferneuerungsprojekte wurden Fördermittel im Rahmen des EU-Programms zur Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) bewilligt.

Allein im Jahr 2021 wurden in 130 Gemeinden und 15 Landkreisen mit besonders negativer demografischer Entwicklung Förderboni bereitgestellt. Damit konnten die Fördersätze der Maßnahmen um bis zu 15 Prozentpunkte erhöht werden.

Die Innenentwicklung ist ein wesentlicher Schwerpunkt der Dorferneuerung. Durch die 4-jährige Sonderförderung in der „Förderoffensive Nordostbayern“ von Herbst 2016 bis Ende 2020 konnten in den vom demografischen Wandel besonders betroffenen Landkreisen Hof, Kronach, Kulmbach, Tirschenreuth und Wunsiedel i.Fichtelgebirge sowie der kreisfreien Stadt Hof, Projekte mit einem erhöhten Fördersatz unterstützt werden, die die Ortskerne der Gemeinden lebendiger und damit attraktiver machen. Es wurden insgesamt 192 Projekte mit Fördermitteln in Höhe von rd. 70 Mio. € bewilligt. Die positiven Erfahrungen sind in die seit 2018 laufende bayernweite Förderinitiative „Innen statt Außen“ eingeflossen. Kommunen, die sich dazu verpflichten, vorrangig auf die Innenentwicklung zu setzen, werden bei innerörtlichen Maßnahmen insbesondere zur Revitalisierung von leerstehenden bzw. vom Leerstand bedrohten Gebäuden besonders unterstützt. Bislang wurden hier insgesamt 215 Projekte mit Fördermitteln in Höhe von rd. 109 Mio. € bewilligt.

Die Dorferneuerung wirkt zurzeit in 966 politischen Gemeinden mit 2 171 Ortsteilen und über 648 000 Einwohnern. Kaum ein anderes Investitionsprogramm Bayerns erreicht so viele Menschen und ist so erfolgreich – und das seit mehr als vier Jahrzehnten; vgl. auch Ländliche Entwicklung.

Gleichzeitig unterstützt die Bayerische Staatsregierung über das Bayerische Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr (StMB) im Rahmen der Städtebauförderung die städtebauliche Erneuerung der bayerischen Städte, Märkte und Dörfer. Über die „Förderoffensive Nordostbayern“ wurden durch das StMB in den Jahren 2017 bis 2020 für 141 Gesamtmaßnahmen und Einzelvorhaben in 78 Städten und Gemeinden rd. 251 Mio. € zur Verfügung gestellt. Über die Förderinitiative „Innen statt Außen“ hat die Städtebauförderung rd. 295 Mio. € für 332 Städte und Gemeinden bereitgestellt.

Bodenordnung im Dorf

Durch Verfahren der Ländlichen Entwicklung werden die Gemeinden bei der Innenentwicklung und damit beim Flächensparen sowie bei der Realisierung von Infrastrukturmaßnahmen unterstützt. Besonders die Möglichkeit zum freiwilligen Tausch von Grundstücken verbessert die Verfügbarkeit von Grund und Boden und damit eine zielgerichtete und sozialverträgliche Innenentwicklung der Dörfer.

In 73 Fällen konnten durch bodenordnende Maßnahmen die Hofgrundstücke landwirtschaftlicher Betriebe nach modernen betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten zweckmäßig geformt werden. Für 25 landwirtschaftliche Anwesen wurde die Erschließungssituation verbessert.

Die Ergebnisse der Bodenordnung und die eindeutig geregelten Eigentums- und Rechtsverhältnisse werden in einem elektronischen Karten- und Katasterwerk dokumentiert und zur Fortführung des Liegenschaftskatasters sowie zur Berichtigung des Grundbuches an die zuständigen Behörden abgegeben. Die zeitgemäße Bodenordnung schafft so verlässliche und aussagekräftige Grundlagen für die weitere Entwicklung der Gemeinden und Betriebe. So kommt der Bodenordnung z. B. beim Ausbau der Ortsstraßen mit Gestaltung der Randbereiche eine große Bedeutung zu, da v. a. in den Altorten vieler Gemeinden die Grenzen nicht mit ausreichender Genauigkeit vermessen sind.

Infrastruktur im Dorf

Ausreichend verfügbare und richtig dimensionierte Infrastruktureinrichtungen im ländlichen Raum sind ein wichtiger Beitrag zur Verbesserung der Lebens-, Wohn-, Umwelt- und Arbeitsverhältnisse und zur Schonung der finanziellen Situation der Kommunen.

Der Anbindung der Gemeinden an das überörtliche Verkehrswegenetz wie auch der Dörfer untereinander kommt dabei eine besondere Bedeutung zu. So wurden in den beiden Jahren 2020 und 2021 insgesamt 533 örtliche und überörtliche Verkehrswege mit einer Länge von rd. 272 km ausgebaut sowie 242 Fuß- und Radwege mit einer Länge von rd. 61 km angelegt.

Ziel der Dorferneuerung ist es zudem, Einrichtungen zur Nahversorgung zu sichern bzw. zu schaffen. Hierzu zählen die Unterstützung von Gemeinden und Bürgern bei der Gründung von meist genossenschaftlich betriebenen Dorf- und Nachbarschaftsläden, die Förderung von Kleinstunternehmen der Grundversorgung sowie die Schaffung von Gemeinschaftseinrichtungen. Um die Attraktivität des Dorfes gerade für die junge und ältere Generation zu erhalten, spielen auch angepasste Mobilitätskonzepte, Generationenhäuser und Pflegeallianzen eine wichtige Rolle.

Eine besonders hohe Mitwirkungsbereitschaft zeigt sich, wenn es um das dörfliche Gemeinschaftsleben geht. 2020/2021 wurden 82 neue Gemeinschaftshäuser, zum Teil mit enormen unentgeltlichen Arbeitsleistungen der Bürgerinnen und Bürger, geschaffen und ihrer Bestimmung übergeben.

Nicht zuletzt beim Ausbau der Ortsdurchfahrtsstraßen mit Randbereichsgestaltung wird durch die Dorferneuerungen ein wichtiger Beitrag geleistet.

Erneuerbare Energien und Energiewende

In Informationsveranstaltungen und Exkursionen, auch an den Schulen der Dorf- und Land- bzw. Flurentwicklung, wird über die Chancen der erneuerbaren Energien gerade für den ländlichen Raum informiert und sensibilisiert. Die Dorferneuerung unterstützt auch die Erarbeitung konzeptioneller Grundlagen für eine effiziente Versorgung mit erneuerbaren Energien sowie deren Umsetzung, z. B. durch die Verlegung entsprechender Nahwärmenetze oder die Grundbereitstellung für Energieversorgungsanlagen. Durch die fachliche Begleitung privater und öffentlicher Bauherren und die finanzielle Förderung von Maßnahmen, wie z. B. der energetischen Sanierung von Gebäuden ist es gelungen, wichtige Impulse für das Gelingen der Energiewende zu geben.

Förderung von Kleinstunternehmen der Grundversorgung

In den beiden Berichtsjahren wurden 208 Förderanträge für Kleinstunternehmen der Grundversorgung zur Deckung der Bedürfnisse der Bevölkerung mit Gütern oder Dienstleistungen bewilligt. Dabei werden mehr als 39 Mio. € in die dörfliche Infrastruktur zur Grundversorgung investiert.

Innenentwicklung und Ortsgestaltung

In vielen Dörfern stellen leerstehende Gebäude und fehlende Nahversorgungs- und Infrastruktureinrichtungen große Probleme dar. Gleichzeitig ist weiterhin ein hoher Flächenverbrauch durch zusätzliche Wohn- und Gewerbeflächen an den Ortsrändern feststellbar. Zur Ortskernrevitalisierung und zum Flächensparen hat die Verwaltung für Ländliche Entwicklung deshalb im Rahmen der Dorferneuerung auch in den Jahren 2020/2021 wieder einen Schwerpunkt auf die Innenentwicklung gelegt. Gemeinden und ihre Bürgerinnen und Bürger werden angeregt und unterstützt,

  • die Potenziale der Innenentwicklung zu erkennen und zu nutzen,
  • die Entwicklung – sowohl baulich als auch sozial – wieder mehr auf die Dorfkerne zu richten und
  • die Inanspruchnahme von Flächen für außerlandwirtschaftliche Zwecke einzudämmen.

Mit dem Vitalitäts-Check stellt die Verwaltung für Ländliche Entwicklung ein datenbankgestütztes Analyseinstrument zur Verfügung, um die bauliche, funktionale und soziale Situation als Grundlage der Dorferneuerungsplanung zu erfassen.

Durch die gezielte Förderung der Sanierung und Umnutzung leerstehender Bausubstanz sowie der Bebauung innerörtlicher Baulücken werden die historisch gewachsenen Ortskerne erhalten und aufgewertet und so ein attraktives Lebensumfeld im ländlichen Raum gesichert. Gleichzeitig werden wichtige Produktionsflächen im Außenbereich für die Land- und Forstwirtschaft erhalten.

Neben der funktionalen Verbesserung ist auch die gestalterische Aufwertung von Plätzen und Freiräumen sowie von Gebäuden im Dorf ein wichtiges Anliegen der Dorferneuerung und ein wesentlicher Beitrag zur Verbesserung der Lebensqualität. So wurden 2020 und 2021

  • 158 Dorf- und Festplätze geschaffen,
  • 621 Hofräume gestalterisch aufgewertet,
  • 38 Spiel- und Bolzplätze für die Dorfjugend angelegt und
  • 315 Umbau- und Erhaltungsmaßnahmen an ortsbildprägenden Gebäuden und Baudenkmälern durch Fördermittel der Dorferneuerung unterstützt.

Verstärkt wurden die Maßnahmen im öffentlichen Raum durch eine große Zahl von privaten Maßnahmen zur Verbesserung an Gebäuden und Hofräumen, die im Rahmen der Dorferneuerung gefördert wurden.

Privatmaßnahmen in der Dorferneuerung

20202021
EinzelmaßnahmenAnzahl890912
GesamtinvestitionMio. €61,160,3
FördermittelMio. €10,110,0