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Deutschland

Ein Kernanliegen bayerischer Agrarpolitik in den Jahren 2020 und 2021 war, neben der nationalen Umsetzung der Gemeinsamen Agrarpolitik der Europäischen Union (GAP, siehe Europa) der Umbau der Nutztierhaltung zu mehr Tierwohl. Immer wieder beschäftigte sich der Bundesrat mit der schwierigen Frage, wie bestehende Ställe mehr Tierwohl verwirklichen können. Oftmals wird nach dem derzeitigen Recht bei bestehenden Ställen die Umstellung zu mehr Tierwohl durch entgegenstehendes Immissions- und Naturschutzrecht verhindert. Bei der Neufassung der Technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TA Luft) setzte sich Bayern mit Anträgen für Erleichterungen bei Genehmigungen für tierwohlbezogene Bauvorhaben ein, die jedoch keine Mehrheiten fanden. Mehrfach wurde die Bundesregierung in Bundesratsverfahren mit der Unterstützung Bayerns angemahnt, zukunftsfähige und verlässliche Lösungen für tierhaltende Betriebe zu finden.

Auch in der Frage der Finanzierung der Umstellung des Umbaus der Nutztierhaltung wurde die zügige Umsetzung der Empfehlungen des Kompetenznetzwerkes Nutztierhaltung, die sogenannte „Borchert-Kommission“, mehrfach angemahnt.

Beim Tierschutz konnte im Bereich der Zuchtsauenhaltung nach langwierigen Verhandlungen ein Kompromiss gefunden und ein – wenn auch nur knapper – Bestandschutz beschlossen werden, um Rechtssicherheit für die Betriebe zu erreichen. Vielfache Vorstöße Bayerns mit dem Ziel, die Umstellung für die Landwirtinnen und Landwirte verträglicher zu gestalten, fanden im Bundesrat jedoch keine Mehrheiten. Durch die Änderungen der Tierschutztransportverordnung wurde das Tierschutzniveau bei hohen Temperaturen durch entsprechende Lüftungssysteme oder kürzere Transportzeiten verbessert. Bei der in diesem Zusammenhang beratenen Anhebung des Mindestalters für Transporte von Kälbern von zwei auf vier Wochen, setzte sich Bayern für in der Praxis umsetzbare Lösungen und angemessene Übergangsfristen ein, um den Betrieben ausreichend Zeit zur Umstellung zu geben.

Ein politisch sehr bedeutsames Element war die erneute Novelle der Düngeverordnung und die Ausweisung der mit Nitrat belasteten und eutrophierten Gebiete, die sogenannten „roten“ und „gelben“ Gebiete. Damit soll den Vorgaben der EU-Nitratrichtline Rechnung getragen und Anlastungen durch die EU vermieden werden. Auch wenn Bayern sich im Bundesratsverfahren für zahlreiche Nachbesserungen einsetzte, wie bei der Düngung von Zwischenfrüchten und Aufzeichnungspflichten, konnte Bayern der novellierten Düngeverordnung letztlich nicht zustimmen.

Mit dem Aktionsprogramm Insektenschutz schlug die Bundesregierung ein bundesweites Artenschutzprogramm vor, das mit Änderungen des Bundesnaturschutzgesetzes und der Pflanzenschutzanwendungsverordnung umgesetzt wurde. Die Ziele des Programmes sind vergleichbar mit dem bereits ein Jahr vorher in Bayern im Zuge des bayerischen Volksbegehrens „Artenvielfalt – Rettet die Bienen“ gefundenen Kompromisses zur Verbesserung des Artenschutzes und der Biodiversität. Für Bayern war es wesentlich, die gefunden Kompromisse mit den Landnutzern nicht zu gefährden. So bleibt ordnungsgemäße Landwirtschaft in Fauna-Flora-Habitat-Schutzgebieten (FFH) weiterhin möglich. Die Ausgleichszahlungen durch das zusätzliche Verbot von Pflanzenschutzmitteln an Gewässern können weiter gewährt werden.

Mehr Fairness für Landwirtinnen und Landwirte im Handel ist ein neuer Ansatz der EU, nach dem Wegfall der Marktregulierungen unlautere Handelspraktiken zu unterbinden. Bei der Umsetzung der EU-Richtlinie zur Bekämpfung unlauterer Handelspraktiken in deutsches Recht soll vor allem die Position der kleineren Erzeuger, Landwirte und Verarbeiter gegenüber den großen Unternehmen im Lebensmitteleinzelhandel weiter gestärkt werden. Bayern konnte im Bundesrat noch weitergehende Verbote erreichen, indem nun auch die wiederholte Erhebung von Listungsgebühren auch nach bereits erfolgter Markteinführung in die sogenannte „schwarze“ Liste der generell verbotenen Handelspraktiken überführt wurde. Auch die Evaluierung des Gesetzes nach zwei Jahren, einschließlich Preisbeobachtungen und der Option für ein Verbot des Verkaufs von landwirtschaftlichen Produkten unter Produktionskosten, geht auf Bayern zurück.

Für Direktvermarktende setzte sich Bayern im Bundesrat beim Umweltstatistikgesetz und beim Gesetz zur Umsetzung von Vorgaben der Einwegkunststoffrichtlinie und der Abfallrahmenrichtlinie im Verpackungsgesetz für zweckgemäße Erleichterungen bei Registrierungs- und Dokumentationspflichten sowie bei Mehrwegverpackungen und Serviceverpackungen ein.

Für Almbauern oder Vermieter von Ferienwohnungen mit eigener Wasserversorgung konnte Bayern Entlastungen bei der Qualitätsüberwachung des Trinkwassers, unter gleichzeitiger Beibehaltung des hohen Schutzniveaus für die menschliche Gesundheit, erreichen.

Für Bayern sind erneuerbare Energien ein wesentliches Standbein im ländlichen Raum. Daher hat sich Bayern im Bundesrat wiederholt für Biogasanlagen, Holzheizkraftwerke und die Verwendung von herkömmlichen Biokraftstoffen in Land- und Forstwirtschaft eingesetzt, um regionale Wertschöpfung zu bewahren und einen Beitrag zur Diversifizierung zu leisten. So konnten im Bundesrat eine Beibehaltung der flexiblen Einspeisung bei Holzheizkraftwerken und Biomasseanlagen sowie ein Bestandsschutz für mit Gülle betriebene Biogasanlagen erreicht werden. Um dem Sektor auch geeignete Kraftstoffalternativen aus erneuerbaren Energien zur Verfügung zu stellen, hat sich Bayern massiv für die weitgehende Steuerfreiheit von Biokraftstoffen eingesetzt.