https://agrarbericht.bayern.de/landwirtschaft/naturschutz-und-biodiversitaet.html

Naturschutz und Biodiversität

Der Erhalt der Biodiversität und der Schutz der Natur gehören untrennbar zusammen. Die Landwirtschaft ist ein unverzichtbarer Partner, wenn es darum geht, kulturlandschaftlich geprägte Lebensräume zu pflegen und die Biodiversität zu fördern.

Der Rückgang der Biodiversität stellt ein Risiko für die Stabilität und Funktionsfähigkeit unserer Öko- und Agrarökosysteme dar. Als wesentliche Ursachen für den Rückgang der Artenvielfalt nennt der Fortschrittsbericht zur nationalen Nachhaltigkeitsstrategie

  • die Zerschneidung und Zersiedelung der Landschaft,
  • die Versiegelung von Flächen und den Verlust von naturnahen Flächen,
  • Stoffeinträge aus der Atmosphäre und die Veränderung des Klimas,
  • die gestiegene Freizeitnutzung der Landschaft und
  • die intensive land- und forstwirtschaftliche Nutzung von Flächen.

Der Farmland-Bird-Index (FBI) ist ein Indikator für Biodiversität und Artenvielfalt in der Agrarlandschaft. Er bezieht zehn Vogelarten (Rebhuhn, Kiebitz, Rauchschwalbe, Feldlerche, Wiesenschafstelze, Wiesenpieper, Braunkehlchen, Neuntöter, Goldammer und Bluthänfling) ein, die spezifisch dem Lebensraumtyp „Agrarland“ zugeordnet werden können. Die Bestände dieser charakteristischen Vogelarten sind in den vergangenen 40 Jahren deutlich zurückgegangen. In den letzten 10 Jahren (Betrachtungszeitraum: 2010 bis 2019) hat sich der FBI-Bayern auf niedrigem Niveau stabilisiert. Eine Trendumkehr ist nicht erkennbar.

Farmland-Bird-Index Bayern 
10 Arten, in Prozent – Schaubild 29 in höherer Auflösung

 

Forschung, die Förderung von Agrarumweltmaßnahmen, Beratung, sowie gezielte Projekte und gesetzliche Rahmenbedingungen sind wichtige Instrumente zum Erhalt der Biodiversität. Mit den Gesetzesänderungen im Zusammenhang mit dem Volksbegehren „Rettet die Bienen“ wurden im Jahr 2019 weitere rechtliche Vorgaben festgelegt. Die Etablierung einer Biodiversitätsberatung an den unteren Naturschutzbehörden sowie der Ausweitung der Wildlebensraumberatung auf alle Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (ÄELF) unterstützen die landwirtschaftliche Praxis bei der Umsetzung von biodiversitätsfördernden Maßnahmen.

Forschung

Die Wirkung von Agrarumweltmaßnahmen auf die Biodiversität wurde und wird im Hinblick auf Fauna in Forschungsprojekten untersucht und optimiert. Laufende Vorhaben untersuchen die Wirkung von Gewässerrandstreifen und Maßnahmen in Grünlandlandschaften auf Insekten und Spinnen.

Die Wirkung von Gewässerschutzstreifen an kleineren Gewässern (Agrarumweltmaßnahmen (AUM) B32 bis B34) auf Insekten ließen im Ergebnis klare Synergien zwischen dem Schutz der Gewässer und der Biodiversität feststellen: Bei Vorhandensein eines Grünstreifens am Gewässer wurden im Mittel eine um 40 % höhere Insektenbiomasse und 16 % mehr Arten entdeckt, wobei die Schmetterlinge besonders stark von einem Streifen profitierten.

Die Ergebnisse zur Wirkung von AUM auf die Insektenvielfalt im Grünland in vier Regionen (Bayerischer Wald, Ostallgäu, Chiemgau, Vorderer Oberpfälzer Wald) zeigen bislang, dass die einzelnen Insektengruppen unterschiedlich auf AUM-Maßnahmen im Grünland reagieren. Bei der Gesamtartenzahl zeigen sich positive Effekte durch ein komplexes Zusammenspiel von Bewirtschaftungs- und Landschaftsfaktoren. Vor allem die Bestäuber wie Schwebfliegen, langzungige Wildbienen und Tagfalter profitieren von einer flächenbezogenen AUM im Grünland und traten dort in einer höheren Artenvielfalt auf.

Am neuen Standort der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) in Ruhstorf an der Rott werden innovative, umweltverträgliche und an den Klimawandel angepasste landwirtschaftliche Anbauverfahren unter besonderer Berücksichtigung der Biodiversität untersucht und weiterentwickelt.

Monitoring

Mit dem Projekt „Grünlandmonitoring Bayern“ wird eine flächendeckende und detaillierte Datenbasis zur bayerischen Grünlandvegetation geschaffen. Daraus geht u. a. hervor, dass auf unseren Wiesen durchschnittlich ca. 20 Pflanzenarten (pro 25 m2) gefunden werden können. Außerdem wurde ermittelt, dass auf Grünlandschlägen auf denen Maßnahmen des Bayerischen Kulturlandschaftsprogrammes (KULAP) sowie insbesondere des Vertragsnaturschutzprogrammes (VNP) durchgeführt werden, höhere Artenzahlen auftreten als auf Schlägen außerhalb dieser Programme. Der zweite Erhebungsdurchgang zeigte, dass die Artenzahlen nochmals zunehmen, wenn die Maßnahmen über mehr als eine Förderperiode beibehalten werden.

Der dritte Erhebungsdurchgang (2018 bis 2020) ist mit den Geländearbeiten abgeschlossen, die Auswertungen laufen derzeit noch. Es ist jedoch jetzt schon erkennbar, dass die meisten KULAP-Maßnahmen wieder zu höherer botanischer Diversität geführt haben.

Förderprogramme

Im Rahmen des KULAP im Verantwortungsbereich des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (StMELF) werden gesamtbetriebliche Maßnahmen wie der ökologische Landbau, betriebszweigbezogene Extensivierungen und Fruchtfolgevorgaben sowie einzelflächenbezogene Maßnahmen angeboten. Seit dem Jahr 2020 ist das Angebot des KULAP zur Förderung der Biodiversität um die Maßnahme „Anlage von Altgrasstreifen“ erweitert. Bewährt und besonders wirkungsvoll sind die mehrjährigen Blühflächen, die im Jahr 2020 auf rd. 19 000 ha Lebensräume für Wildtiere in ackerdominierten Agrarlandschaften boten. Ebenso wichtig sind Erhalt und Pflege von artenreichem Grünland, Hecken und Feldgehölzen sowie Streuobst. Und auch die Insekten dürften sich freuen. Landwirtinnen und Landwirte etablierten im Jahr 2020 im Rahmen des KULAP 7 000 ha Grünstreifen auf ihren Feldern.

Mit dem Bayerischen Vertragsnaturschutzprogramm fördert das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz (StMUV) den Erhalt ökologisch wertvoller Lebensräume, etwa die extensive Ackernutzung für Feldbrüter und Ackerwildkräuter, die extensive Mähnutzung naturschutzfachlich wertvoller Lebensräume oder die Förderung ökologisch wertvoller Teiche mit Verlandungszone.

Im Rahmen der Landschaftspflege- und Naturparkrichtlinien (LNPR) werden insbesondere Maßnahmen der Pflege, Wiederherstellung und Neuschaffung ökologisch wertvoller Lebensräume gefördert. Die Maßnahmen dienen insbesondere dem Aufbau des europäischen Schutzsystems Natura 2000 und des bayerischen Biotopverbunds BayernNetzNatur sowie der Umsetzung der bayerischen Biodiversitätsstrategie.

Qualifizierung zum geprüften Natur- und Landschaftspfleger

Die Fortbildung zum Geprüften Natur- und Landschaftspfleger oder zur Geprüften Natur- und Landschaftspflegerin ist eine Zusatzqualifikation für gut ausgebildete Fachkräfte im Bereich Naturschutz und Landschaftspflege. Grundlage ist ein Berufsabschluss in einem „grünen“ Ausbildungsberuf, z. B. als Landwirt, Gärtner, Winzer oder Forstwirt sowie eine dreijährige Berufserfahrung.

Projekte

Unser Auftrag: Erzeugung gestalten – Arten erhalten

Biodiversität ist eine Aufgabe für die gesamte Gesellschaft. Jeder kann in unterschiedlicher Art und Weise in seinem Lebens- und Wirkungsbereich wertvolle Beiträge zum Erhalt von Lebensräumen und zum Schutz der Artenvielfalt erbringen.

Um das Bewusstsein dafür zu stärken und jedem einzelnen Handlungswege für mehr Biodiversität aufzuzeigen, hat das StMELF auch im Jahr 2020 die Biodiversität als Schwerpunktthema gesetzt.

Artenschutz ist und bleibt aber eine dauerhafte Aufgabe. Nicht nur im Schwerpunktjahr 2020, sondern auch im Folgejahr 2021 wurden von den ÄELF sowie den Landesanstalten zahlreiche Angebote und Veranstaltungen für Landwirtinnen und Landwirte und die breite Öffentlichkeit durchgeführt. Der Wettbewerb an den Landwirtschaftsschulen sowie die Eröffnung eines agrarökologischen Lehrpfads in Grub sind nur zwei Beispiele für zahlreiche weitere Aktivitäten, die alle Bereiche unserer Verwaltung von der Bildung über Beratung, Förderung, Forschung und nicht zuletzt den Dialog mit Gesellschaft und Verbrauchern umfassen.

„Biodiversität - Erzeugung gestalten, Arten erhalten“ – Wettbewerb an Landwirtschaftsschulen

Bereits zum zweiten Mal wurde der Wettbewerb „Biodiversität – Erzeugung gestalten, Arten erhalten“ vom StMELF ausgeschrieben. Bewerben konnten sich die Landwirtschaftsschulen in Bayern. Studierende der Landwirtschaft und Hauswirtschaft setzten Maßnahmen zum Erhalt und zur Verbesserung der Biodiversität in die Praxis um. Der Dialog mit der Gesellschaft war dabei von zentraler Bedeutung. Acht Fachschulklassen der Landwirtschaftsschulen wurden für ihre innovativen Ansätze und Konzepte und die vorbildliche Umsetzung ausgezeichnet.

Eröffnung des agrarökologischen Lehrpfads in Grub

Unter dem Motto „Landwirtschaft und Artenvielfalt erleben“ eröffnete Frau StMin Michaela Kaniber im Juli 2021 einen agrarökologischen Lehrpfad am Standort Grub der LfL. Der Lehrpfad zeigt auf anschauliche Art und Weise, wie sich Maßnahmen zur Förderung der Biodiversität in die moderne Landwirtschaft integrieren lassen. Ein ideales Ausflugsziel für Groß und Klein im Umland von München.

10 Jahre Wiesenmeisterschaft Bayern

Die Wiesenmeisterschaft ist ein von der LfL und dem BUND Naturschutz in Bayern e. V. durchgeführter Wettbewerb, der die Leistungen und das Engagement der Landwirte für die Erhaltung artenreichen Wirtschaftsgrünlandes auszeichnet und einer breiten Öffentlichkeit vorstellt. Prämiert werden Landwirtinnen und Landwirte, die den Aufwuchs arten- und blütenreicher Wiesen im eigenen Betrieb nutzen. Sie erbringen eine besonders wertvolle Leistung für die Allgemeinheit und gestalten so eine attraktive Kulturlandschaft mit.

Zum zehnjährigen Jubiläum fand am StMELF das Symposium „Zehn Jahre Wiesenmeisterschaft in Bayern“ statt. In der LfL-Information „Bayerische Wiesenmeisterschaften – Naturschutz und Landwirtschaft Hand in Hand“ sind die Projekte und Erfahrungen der Teilnehmer veröffentlicht. Im Jahr 2021 fand die Wiesenmeisterschaft in bisheriger Weise in der Ökomodellregion "Mühldorfer Land" statt, im Jahr 2022 wird sie in der Ökomodellregion "Waginger See – Rupertiwinkel" stattfinden.

Ausgezeichneter Naturgarten – Bayern blüht

Um die Biodiversität und damit die Artenvielfalt in Haus- und Kleingärten zu erhöhen, wurde bereits im Jahr 2018 die Zertifizierung von Privatgärten als „Naturgarten – Bayern blüht“ initiiert. Gemeinsam mit der Bayerischen Gartenakademie an der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) und der Landesvereinigung Gartenbau Bayern e. V. unter der Dachmarke „Bayern blüht“, wurde die Zertifizierung als Pilotprojekt begonnen und inzwischen auf ganz Bayern ausgeweitet.

Seit dem Jahr 2021 können sich auch bayerische Kleingärtner und ganze Kleingartenanlagen, koordiniert durch den Landesverband Bayerischer Kleingärtner (LBK), als Naturgarten zertifizieren lassen.

Die Abwicklung und Organisation der Naturgartenzertifizierung ging im Jahr 2021 an die Landesvereinigung Gartenbau Bayern e. V. über. Das StMELF unterstützt die Gartenzertifizierung weiterhin fachlich über die LWG.

Gärten sollen vielfältig, biologisch und nach dem Vorbild der Natur bewirtschaftet werden. Dann fördern sie Tiere, sind Ort der Entspannung und des Rückzugs. Um die Auszeichnung zu erhalten, verzichten Gartenbesitzer unter anderem auf Pflanzenschutzmittel und chemisch-synthetischen Dünger und verwenden keine torfhaltigen Substrate zur Bodenverbesserung. Darüber hinaus setzen sich die Gartenbesitzer durch die Gestaltung von Naturgartenelementen und durch eine umweltfreundliche Bewirtschaftung aktiv für einen vielfältigen und belebten Haus- und Kleingarten ein.

Zertifizierte Gartenbesitzer dürfen ihren Gartenzaun mit der bayerischen Plakette schmücken.

Seit dem Start der Naturgartenzertifizierung im Jahr 2018 haben sich bayernweit bereits fast 1 000 Gärten als ausgezeichneter Naturgarten zertifizieren lassen.

Weiterführende Hinweise zum „Naturgarten – Bayern blüht“ finden Sie hier.