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Maßnahmen für weitere Verbesserungen des Tierwohl in der Nutztierhaltung

Bayern ist geprägt durch seine bäuerlichen Familienbetriebe, von denen zwei Drittel Tiere halten. Die Nutztierhaltung ist das ökonomische Rückgrat der bayerischen Landwirtschaft, die es zu erhalten gilt.

Die landwirtschaftliche Nutztierhaltung bildet seit jeher die Basis des Kreislaufprinzips einer nachhaltigen Landwirtschaft. Organischer Wirtschaftsdünger aus der Nutztierhaltung in Form von Festmist oder Gülle fördert den Humusaufbau und trägt damit zur CO2-Bindung und zur Verbesserung der Wasserspeicherfähigkeit im Boden bei. Die Viehhaltung verwertet Nebenprodukte u. a. aus der Lebensmittelherstellung und ermöglicht es, Dauergrünlandflächen für die menschliche Ernährung zu nutzen.

Damit unsere landwirtschaftlichen Betriebe in der Lage sind, auch künftig hochwertige regionale Produkte aus heimischer, tierwohlgerechter Nutztierhaltung zu erzeugen, setzt das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Tourismus (StMELF) richtungsweisende Programme und konkrete Maßnahmen zur Unterstützung der bayerischen Landwirtinnen und Landwirte beim Thema Tierwohl konsequent um.

Ein Umbau der Tierhaltung, der langfristig Bestand hat, kann nicht durch eine Verbotskultur erreicht werden. Bayern setzt daher auf Freiwilligkeit vor Ordnungsrecht und auf gezielte Unter-stützungsmaßnahmen im engen Austausch mit den Praktikern und der Wissenschaft.

Förderung

Mit der Einzelbetrieblichen Investitionsförderung unterstützen wir unsere bäuerlichen Familienbetriebe bei wichtigen Entwicklungsschritten. Die geförderten Vorhaben dienen der Modernisierung und betrieblichen Weiterentwicklung und haben sowohl die Verbesserung der Arbeitssituation als auch die Optimierung der Haltungsbedingungen und damit die Steigerung des Tierwohls zum Ziel. Gefördert werden Stallbauten und damit im Zusammenhang stehende technische Einrichtungen. Die Fördersätze für die erstmalige Umstellung von Anbinde- auf Laufstallhaltung und bei der Zuchtsauenhaltung hat Bayern bereits 2022 auf 40 % erhöht und schöpft damit den Rahmen der rechtlichen Vorgaben auf EU- bzw. Bundesebene voll aus. In den letzten Jahren wurden jährlich mehrere Mio. Euro im Agrarinvestitionsförderprogramm (AFP) für tierwohlgerechte Stallbauten bewilligt. Mit dem Bayerischen Sonderprogramm Landwirtschaft (BaySL) werden ausgewählte Investitionen für mehr Tierwohl in kleineren und mittleren Betrieben unterstützt. In Bayern wird im Durchschnitt jeden Tag ein neuer staatlich geförderter Tierwohlstall bezogen.

Mit dem Bayerischen Sonderprogramm Landwirtschaft Digital (BaySL Digital) wird die Anschaffung digitaler Systeme zur Überwachung des Gesundheitszustandes von Nutztieren gefördert. Durch frühzeitiges Erkennen und Dokumentieren von Auffälligkeiten und Gesundheitsproblemen sind zeitnahe Behandlungen möglich.

Mehr Tierwohl führt auch im laufenden Betrieb des Stalles zu höheren Kosten (z. B. Mehrarbeit, Einstreumaterial wie Stroh). Mit dem Bayerischen Programm Tierwohl (BayProTier) werden den Landwirtinnen und Landwirten diese Mehrkosten in Form einer jährlichen Prämie ausgeglichen. Damit kommt das Geld genau dort an, wo es gebraucht wird, nämlich direkt beim Tier. Aktuell ist eine Förderung im Bereich von Zuchtsauen, Ferkeln, Mastschweinen sowie Mast- und Aufzuchtrindern möglich.

Die Prämie für die Sommerweidehaltung von Rindern wurde zur Grundantragstellung im Jahr 2023 um 50 % erhöht und ist dadurch für betroffene Betriebe deutlich attraktiver. Mit der Erhöhung der Prämie wird die Förderung durch den Freistaat Bayern deutlich ansteigen.

In Bayern fördern wir die bäuerliche Herdbuchzucht bei Maßnahmen zur weiteren Verbesserung der Gesundheit, der Fitness und der Nutzungsdauer der landwirtschaftlichen Nutztiere. Das ist auch ein aktiver Beitrag zur Verbesserung des Tierwohls und des Tierschutzes.

Beratung, Bildung und Forschung

Die 32 Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten unterstützen und beraten zusammen mit unseren anerkannten nichtstaatlichen Verbundpartnern. Ziel der staatlichen Beratung ist – ausgerichtet an den individuellen betrieblichen und familiären Verhältnissen – tragfähige Konzepte für die Zukunft gemeinsam zu erarbeiten. Die Verbesserung des Tierwohls spielt dabei häufig eine wichtige Rolle. Im Rahmen der Beratungsinitiative ganzjährige Anbindehaltung haben wir mit unserem Beratungsangebot gezielt Betriebe mit Anbindehaltung adressiert. Auch mit der Schwerpunktberatung Schweinehaltung wurden Betriebe bei der Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben und der Berücksichtigung der gesellschaftlichen Anforderungen unterstützt. Beratungsleistungen der Verbundberatung mit dem Schwerpunkt in der Produktionstechnik werden mit Landesmitteln gefördert. In der Tierhaltung gehören dazu u. a. die Haltungsberatung, die Fütterungs- und Melkberatung.

Die Bayerischen Staatsgüter (BaySG) sind wichtigster Bildungsanbieter bei praktischen Themen im Bereich der Tierhaltung für Landwirtinnen und Landwirte und Beratungskräfte. Die praxisorientierte Vermittlung von Themen der artgerechten Tierhaltung, Tiergesundheit und Tierwohl sind in den Bereichen überbetrieblicher Ausbildung für Auszubildende, in der Fortbildung und beim Bildungsprogramm Landwirt – BiLa für Nebenerwerbslandwirte – unverzichtbar. In Zusammenarbeit mit den Instituten der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) wird zudem in unseren Versuchsstallungen praxisorientiert im Bereich Tierwohl geforscht.

Im Bereich der Bildung werden die Lehrpläne der agrarwirtschaftlichen Fachschulen laufend hinsichtlich der aktuellen Anforderungen in den Themenbereichen Tierwohl und Ressourcenschutz aktualisiert. Im Rahmen der geplanten Reform der Landwirtschaftsschulen soll der Stundenumfang im Fach „Landwirtschaftliche Tierhaltung“ deutlich erhöht werden.

Das Digitale Tierwohlmonitoring ist ein freiwilliges Beratungstool für die bayerischen Landwirtinnen und Landwirte, Hoftierärzte und Berater, um frühzeitig auf Verbesserungsmöglichkeiten im Tierbestand aufmerksam zu werden. Aufbauend auf die Befunddatenerfassung wurde seit 2020 im Rahmen des „Digitalen Tierwohlmonitorings“ ein deutschlandweit einmaliges System aufgebaut und digitale Vernetzungsstrukturen geschaffen. Dieses Projekt verknüpft die Themen Tierwohl, Digitalisierung und Regionalität.

Seit 2018 wurden insgesamt 18 Projekte im Forschungsschwerpunkt „Stärkung des Tierwohls und der Tiergesundheit“ mit einem Investitionsvolumen von rd. 7,3 Mio. € durchgeführt bzw. laufen zum Teil noch. Hauptschwerpunkt ist dabei die Entwicklung von zukunftsfähigen und tiergerechten Stallbaukonzepten. Daneben liefern Forschungsvorhaben, die vom Bereich der Genetik bis hin zu Untersuchungen zur Futterhygiene reichen, praxisrelevante Erkenntnisse, um die Lebensbedingungen der landwirtschaftlichen Nutztiere weiter zu verbessern.

Vermarktung

Im Bereich der Vermarktung werden unterschiedliche Projekte unterstützt, wie z. B. „Bayerisches Kalbfleisch – Regionale Nutzung von milchbetonten Kälbern“, dessen Ziel es ist, Ansatzpunkte für Vermarktung von bayerischem Rosé-Kalbfleisch im regionalen Lebensmitteleinzelhandel aufzeigen und Hinweise auf eine Positionierung in der Gastronomie und in den Metzgereien zu liefern. Dadurch sollen auch lange Transportzeiten im Sinne des Tierschutzes vermieden werden.

Ein weiteres Projekt ist der „Aufbau einer Pilot-/Modellregion Oberpfalz zur Verbesserung der Vermarktung im tierischen Bereich, Schwerpunkt Mutterkuhhaltung“. Extensive Tierhaltungsverfahren, wie z. B. Mutterkuhhaltung, eröffnen gerade für kleinere landwirtschaftliche Betriebe Zukunftsperspektiven. Die Landwirtinnen und Landwirte leisten damit wichtige Beiträge zum Erhalt der Kulturlandschaft und gefährdeter einheimischer Rassen. Die hieraus erzeugten regionalen Produkte werden von den Verbraucherinnen und Verbrauchern zunehmend geschätzt. Derzeit wird das damit verbundene Wertschöpfungspotenzial noch nicht ausreichend genutzt. Das Projekt stellt eine wichtige Basis dar, mehr regionale Qualitätsprodukte im Sinne extensiver Tierhaltung am Markt zu platzieren. Das Ziel des Projekts ist die Entwicklung von beispielgebenden, regionalen Wertschöpfungsketten im tierischen Bereich mit dem Schwerpunkt Mutterkuhhaltung sowie die Etablierung eines Netzwerks der Akteure in diesem Bereich (z. B. Erzeuger, Schlacht- und Zerlegebetriebe, Metzger, Gastronomen) auf Ebene des Regierungsbezirks Oberpfalz.

Weitere Unterstützung

Für mehr Tierwohl benötigen die Betriebe nicht nur finanzielle Unterstützung. Vor allem für Tierwohlställe gibt es viele neue Regelungen, die den Umbau der Tierhaltung massiv erschweren. Bayern setzt sich für praktikable Regelungen im Wasserrecht, bei der Bundesanlagenverordnung beim Bau von Leckageerkennungen für Güllebehälter oder von Fahrsilos ein. Die Anwendung der TA Luft bzgl. Mindestabständen zu FFH-Gebieten und Ammoniak-empfindlichen Pflanzen und Ökosystemen hat Bayern, soweit dies die Vorgaben des Bundes ermöglichen, vereinfacht. Bayern nutzt die Möglichkeiten, die im Rahmen der bundesrechtlichen Regelungen verbleiben, damit die Landwirtinnen und Landwirte beim Neu- oder Umbau von tiergerechten Ställen möglichst einfach, zügig und ohne teure Gutachten zu Baugenehmigungen kommen.

Im Rahmen des seit 2014 jährlich vergebenen und mit 10.000 € dotierten Bayerischen Tierwohl-Preises für landwirtschaftliche Nutztierhalter werden technische oder bauliche Lösungen sowie Managementmaßnahmen ausgezeichnet, die das Tierwohl verbessern. Diese sollen nachhaltig, praxisgerecht und auf andere Betriebe mit Nutztierhaltung übertragbar sein.