https://agrarbericht.bayern.de/landwirtschaft/aussenhandel-mit-juengeren-eu-staaten-und-den-beitrittskandidaten.html

Außenhandel mit jüngeren EU-Mitgliedstaaten und den Beitrittskandidaten

Außenhandelsbilanz

Mit der Osterweiterung 2004 erhöhte sich die Zahl der EU-Mitglieder von bislang 15 auf 25 Staaten. Der mit diesen Ländern verbundene Handel bringt der bayerischen Ernährungswirtschaft seit Jahren einen Einfuhrüberschuss. Der Handel mit den späteren drei Beitrittsländern Bulgarien, Rumänien (beide 2007) und Kroatien (2013) hingegen erzielt einen Ausfuhrüberschuss (vgl. nachfolgende Tabelle). Insgesamt verbleibt für die Summe aller jüngeren Mitgliedsländer ein Einfuhrüberschuss. Im Jahr 2022 ging dieser erstmals wieder zurück, im Jahr 2023 sogar deutlich von 393,0 Mio € auf 273,0 Mio. € (–30 %). Grund dafür ist unter anderem der starke wertmäßige Anstieg bei wichtigen Exportgütern wie Käse.

Bayerischer Agrar- und Ernährungshandel mit den Mitgliedstaaten der EU-Erweiterungsrunden (in Mio. €)

Erweiterungs-rundenBeitrittsländerAusfuhr 2022Ausfuhr 20231)Einfuhr 2022Einfuhr 20231)Ausfuhr- bzw. Einfuhrüberschuss (–) 2022Ausfuhr- bzw. Einfuhrüberschuss (–) 20231)
Osterweiterung 2004Estland, Lettland Litauen, Polen Malta, Slowakei, Slowenien, Tschechien, Ungarn, Zypern1.597,101.725,302.276,602.331,60–679,5–606,3
Ostweiterung 2007Bulgarien, Rumänien352,8384,2142,5140,2210,3244,0
Beitritt Kroatien 2013Kroatien130142,653,853,376,289,3
Gesamt2.079,902.252,102.472,902.525,10–393,0–273,0

Quelle: LfStat

1) Vorläufig.

Im weltweiten Handel mit Bayern erreichen die genannten Staaten bei Genuss- und Lebensmitteln inzwischen einen Anteil von knapp 20 % sowohl bei der Ein- als auch bei der Ausfuhr. Wichtigste Handelspartner sind Polen, Tschechien und Rumänien. Trotz des in der Summe deutlichen Importüberschusses exportiert Bayern in die meisten Länder der Osterweiterung mehr Waren, als es von dort importiert. Mit Polen, Tschechien, Ungarn und Lettland sind tatsächlich nur vier der insgesamt dreizehn Länder Einfuhrüberschussländer. Trotz ihrer geringeren Zahl überkompensieren sie aber die Ausfuhrüberschüsse der restlichen neun Staaten. 

Ein – und Ausfuhren des bayerischen Agrar- und Ernährungshandels bezogen auf die EU-Erweiterungsrunden (in Mio. €)

BeitrittslandAusfuhr 2021Ausfuhr 2022Ausfuhr 20231)Einfuhr 2021Einfuhr 2022Einfuhr 20231)Ausfuhr- bzw. Einfuhrüberschuss (–) 2021Ausfuhr- bzw. Einfuhrüberschuss (–) 2022Ausfuhr- bzw. Einfuhrüberschuss (–) 20231)
Ostweiterung 2004:
Slowenien81,588,980,016,315,718,565,273,261,5
Litauen44,546,187,232,852,534,411,7–6,452,8
Estland17,033,942,12,43,51,614,630,440,5
Zypern9,912,414,71,61,62,18,310,812,6
Slowakei83,8110,5105,284,5120,996,5–0,7–10,48,7
Malta5,67,17,80,10,105,57,07,8
Lettland30,141,541,011,215,144,518,926,4–3,5
Ungarn182,7208,2233,8274,7311,4295,2–92,0–103,2–61,4
Tschechien302,4363,0354,5560,0711,6708,6–257,6–348,6–354,1
Polen611,3685,5758,9997,21.044,21.130,2–385,9–358,7–371,3
Ostweiterung 2007 u. Beitritt Kroatien 2013:
Rumänien243,6291,5316,980,180,899,7163,5210,7217,2
Kroatien97,4130,0142,658,553,853,338,976,289,3
Bulgarien52,761,367,344,561,740,58,2–0,426,8

Quelle: LfStat

1) Vorläufig.

Warenströme

Die größten produktbezogenen Einfuhrüberschüsse ergeben sich aus dem Handel mit Rohtabak, Tabakerzeugnissen und Ölfrüchten (vgl. nachfolgende Tabelle). Wichtigste Lieferländer sind dabei Polen und Tschechien. Weltweit gesehen nehmen sie im Handel mit Bayern bei diesen Waren Spitzenpositionen ein.

Das Nachbarland Polen ist Bayerns größter globaler Lieferant von Rohtabak und Tabakwaren. Es verweist sogar die Konkurrenten Brasilien und Ungarn auf die Plätze zwei und drei. Die Hälfte seiner weltweiten Importe deckt Bayern allein aus dem Küstenland, das von den großen Hafenanlagen in Danzig und Stettin profitiert. Der Importwert der polnischen Tabakwaren erreichte im Jahr 2023 einen Wert von rd. 266 Mio. €, der Importüberschuss dieser Waren belief sich auf 238 Mio. €.

Ausgewählte Güter der bayerischen Ernährungswirtschaft im Handel mit den Staaten der EU-Erweiterungsrunden im Jahr 2023* (in Mio. €)

WarengruppeAusfuhrEinfuhrAusfuhr- bzw. Einführüberschuss (–)Hauptlieferländer (Anteil an der Einfuhr in %)
Rohtabak und Tabakerzeugnisse55,7380,3–324,6Polen (70 %), Ungarn (19 %)
Ölfrüchte3,1255,3–252,2Tschechien (37 %), Ungarn (19 %)
Getreide3,7138,5–134,7Tschechien (63 %), Polen (12 %)
Milch226,7334,1–107,4Tschechien (77 %), Polen (20 %)
Käse476,283,9392,3Rumänien (29 %), Polen (23 %)
Backwaren275,1134,9140,2Polen (45 %), Tschechien (16 %)
Futtermittel aus Abfallprodukten233,7159,174,6Polen (52 %), Tschechien (26 %)
Kartoffeln85,411,873,6Polen (29 %), Rumänien (21 %)

Quelle: LfStat

* Vorläufig.

Tschechien liefert als einziges Land der Osterweiterung eine größere Menge an Milch und Milcherzeugnissen in den Freistaat. Der mitteleuropäische Binnenstaat hat längst den westlichen Standard in der Milchproduktion erreicht und ist hinter Österreich zweitgrößter Lieferant Bayerns. Der Import tschechischer Milch und Milchprodukte erreichte im Jahr 2023 einen Wert von rd. 258 Mio. €, der Importüberschuss 231 Mio. €. Bei Ölfrüchten und Getreide ist das Nachbarland noch vor der Ukraine größter globaler Handelspartner des Freistaates.

Als wichtigstes Abnehmerland sticht vor allem Rumänien heraus. Mit Rumänien erzielt Bayern hinter Italien, dem Vereinigten Königreich und der Schweiz weltweit den viertgrößten Ausfuhrüberschuss. Dieser lag im Jahr 2023 bei rd. 217 Mio. €. Allein ein Überschuss von 137 Mio. €, also knapp zwei Drittel, ergab sich aus dem Verkauf von Käse.

Daneben führt vor allem der Handel mit Backwaren, Futtermitteln aus Abfallprodukten und Kartoffeln zu Exportüberschüssen gegenüber den Staaten der Osterweiterung. Bei den Produkten Fleisch und Fleischerzeugnissen sowie tierischen Ölen und Fetten ist die Handelsbilanz weitgehend ausgeglichen.

Beitrittskandidaten

Für die aktuell gehandelten neun Beitrittskandidaten gilt Ähnliches wie für die jüngsten Beitrittsländer. In Summe führt Bayern von dort mehr Genuss- und Lebensmittel ein, als es in die Kandidatenländer ausführt. Der Einfuhrüberschuss betrug nach vorläufigen Zahlen im Jahr 2023 mit rd. 264 Mio. € aber deutlich weniger als im Vorjahr (–27 %).

Bayerischer Agrar- und Ernährungshandel mit den Beitrittskandidaten (in Mio. €)

Beitrittskandindaten1)Ausfuhr- bzw. Einfuhrüberschuss (–) 2020Ausfuhr- bzw. Einfuhrüberschuss (–) 2021Ausfuhr- bzw. Einfuhrüberschuss (–) 2022Ausfuhr- bzw. Einfuhrüberschuss (–) 20232)
Bosnien-Herzegowina25,426,739,241,4
Montenegro7,79,713,415,3
Nordmazedonien8,28,39,910,5
Georgien2,11,62,65,5
Albanien1,83,04,83,1
Moldau2,73,61,02,3
Serbien–44,1–47,3–151,4–36,2
Ukraine35,59,7-53,2-43,9
Türkei–183,0–208,8–230,0–261,9
Alle Kandidatenländer–143,7–193,5–363,7–263,9

Quelle: LfStat

1) EU-Beitrittskandidaten mit laufenden Verhandlungen.

2) Vorläufig.

Den größten Anteil am Einfuhrüberschuss steuert die Türkei bei. Die höchsten, produktbezogenen Überschüsse ergaben sich im Jahr 2023 aus dem Handel mit Schalen- und Trockenfrüchten (–81,8 Mio. €), Gemüse und Gemüsekonserven (–78,1 Mio. €) sowie Frischobst (–43,3 Mio. €). Wichtigste bayerische Exportprodukte in die Türkei blieben Rohtabak und Tabakerzeugnisse mit einem Ausfuhrüberschuss von insgesamt 24,5 Mio. €.

Die Ukraine wurde beim Handel mit Lebensmitteln erst mit Kriegsbeginn für Bayern zum Einfuhrüberschussland. Ursache dafür sind die von der EU zur Unterstützung der Ukraine eingeführten Handelserleichterungen. Sie brachten enorme Steigerungen der Direktimporte vor allem von Ölfrüchten mit sich. Neben einer geringen Menge an Raps- und Rübsensamen nahm dabei fast ausschließlich die Einfuhr von Sojabohnen zu. Die Gesamteinfuhr der Ölfrüchte stieg von 71 800 t im Jahr 2021 auf 186 300 t im Jahr 2023 und hat sich damit mehr als verdoppelt.

Der Einfuhrwert stieg von 41,2 Mio. auf 92,0 Mio. €. Der Freistaat deckte seinen gesamten Einfuhrbedarf zu knapp 20 % allein aus dem osteuropäischen Land. Vor Kriegsbeginn waren es noch knapp 10 %. Der weltweite Gesamtimport von Ölfrüchten nach Bayern nahm dem gegenüber im gleichen Zeitraum jedoch nicht zu, sondern leicht ab (–12 %).

Direkte Getreideimporte (inkl. Mais) aus der Ukraine spielten mit einem Anteil von 1,0 % am gesamten bayerischen Getreideimport kaum eine Rolle. Transitware ist nicht berücksichtigt, da es dazu keine offiziellen Erfassungen gibt. In die Ukraine exportiert Bayern, wie auch bei den jüngsten Mitgliedsländern, vor allem Käse und Futtermittel aus Abfallerzeugnissen.