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Herausforderungen in der Nutztierhaltung

Ziel der bayerischen Staatsregierung ist es, den tierhaltenden Betrieben verlässliche Rahmenbedingungen und Planungssicherheit zu bieten und so die regionale Erzeugung zu stärken.

Rinderhaltung

Die kleinstrukturierte Landwirtschaft im Freistaat ist vor allem geprägt durch die Rinderhaltung. Moderne Tierwohlställe prägen das Landschaftsbild in Bayern. Aus den verschiedensten Gründen lässt sich nicht immer und überall der Um- oder Neubau eines Stalles oder eines Auslaufes realisieren. Daher ist die Anbindehaltung im Süden Deutschlands noch verbreitet. Die Zahl der Anbindeplätze ist aber in Bayern von 2010 auf 2020 bereits um rund 60 % gesunken. Eine Alternative zur ganzjährigen Anbindehaltung ist die sogenannte Kombinationshaltung. Hier sind die Rinder nur zeitweise angebunden und können sich z. B. auf der Sommerweide oder in einem Laufhof frei bewegen. Der Freistaat unterstützt die Umstellung der Anbindebetriebe auf Laufstallhaltung sowie die Errichtung von Laufhöfen finanziell über die zwei attraktiven Programme zur Investitionsförderung (Agrarinvestitionsförderprogramm und BaySL) mit bis zu 40 % der Netto-Investitionskosten. Ergänzend dazu erfolgt eine Beratung der Betriebe mit Anbindehaltung.

Weitere Herausforderung waren und sind die Umsetzungen der neuen Auflagen zu weichen oder elastisch verformbaren Liegeflächen für Kälber. Die konkreten Anforderungen dazu sind in den bundesweit gültigen Ausführungshinweisen im Handbuch Tierschutzüberwachung in Nutztierhaltungen veröffentlicht worden. Zusätzlich dazu gibt es ergänzende Hinweise in Bayern. Eine Übergangsfrist gab es für Haltungseinrichtungen, die vor dem 09.02.2021 bereits genehmigt oder in Benutzung genommen worden sind.

Insgesamt bleibt festzuhalten, dass die Betriebe mit Rinderhaltungen in den letzten Jahren vor vielen Herausforderungen standen und aktuell weiterhin nicht klar ist, ob und in welchem Umfang es gesetzliche Neuregelungen oder Verschärfungen geben wird. Aktuell plant die Bundesregierung u. a. ein Verbot der Anbindehaltung und erhebliche Einschränkungen bei der in Bayern üblichen Kombinationshaltung. Darüber hinaus soll es bezüglich der Verhinderung des Hornwachstums Verschärfungen (Betäubungspflicht durch Tierärzte) geben, von denen die Rinderhaltung in besonderem Maß betroffen wäre. Bayern setzt sich hier für praktikable Lösungen ein, die auch die kleineren Betriebe berücksichtigen und zu keinem Strukturbruch führen.

Schweinehaltung

In den vergangenen Jahren ist ein Rückgang der Schweinebestände aufgrund stetig steigender gesellschaftlicher Anforderungen und immer neuer gesetzlicher Regelungen zu beobachten. Im Berichtszeitraum pendelten sich die Bestände auf ähnlichem Niveau ein (siehe Tabelle 15.1). Die Verschärfungen hinsichtlich der Tierhaltung stellen insbesondere die kleinstrukturierte, bäuerlich geprägte Schweinehaltung in Bayern vor große Herausforderungen. Aktuell steht der Wunsch nach Regionalität, ein Mehr an Tierwohl und Tiergesundheit vermehrt im Fokus der Gesellschaft, Wissenschaft und Politik. Das bringt auch Chancen für den Ferkel- und Schweinemarkt mit sich.

Mit dem sogenannten Magdeburger Urteil zur Kastenstandhaltung von Sauen wurde das bisher übliche Verfahren zur Haltung von Zuchtsauen im Deckzentrum für nicht mit dem Tierschutz in Einklang stehend erklärt. Eine entsprechende Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung (TierSchNutztV) wurde dazu bereits Anfang 2021 verabschiedet. Um einen harten Strukturbruch in der Schweinehaltung zu verhindern und den bestehenden Betrieben die Möglichkeit zu geben, ihre Ställe um- oder neu zu bauen, wurden entsprechende Übergangsfristen gewährt. Dadurch wurde ausreichend Rechts- und Planungssicherheit für den Erhalt der bäuerlichen Strukturen in der bayerischen Ferkelerzeugung erreicht. Mittlerweile sind die ersten Übergangsfristen ausgelaufen. So mussten Zuchtsauenhalter, welche die neuen Anforderungen der TierSchNutztV noch nicht erfüllen, bundeseinheitlich bis zum 09.02.2024 ein Betriebs- und Umbaukonzept für das Deckzentrum abgeben oder alternativ die Aufgabe der Sauenhaltung zum 09.02.2026 erklären.

Die Afrikanische Schweinepest (ASP) ist eine Virusinfektion mit schwerwiegendem Krankheitsverlauf bei Schweinen. Diese verenden in nahezu allen Fällen innerhalb weniger Tage. Für Menschen ist das Virus ungefährlich. Auch der Verzehr von Fleisch von infizierten Tieren ist gesundheitlich unbedenklich. Die ASP breitet sich seit einigen Jahren insbesondere in Osteuropa aus und wurde 2020 erstmals auch in Deutschland (Brandenburg und Sachsen) bei Wildschweinen nachgewiesen. Die Anstrengungen der einzelnen Bundesländer in den letzten Jahren ermöglichte es, die ASP zurückzudrängen. Dennoch ist die Gefahr nicht gebannt und erfordert weiterhin äußerste Vorsicht und Anstrengungen aller Beteiligten, um eine weitere Verbreitung zu verhindern.

Das routinemäßige Kupieren von Schweineschwänzen zur Verhinderung von Schwanzbeißen ist verboten. Ein solcher Eingriff ist nur im Einzelfall zulässig, wenn er für die vorgesehene Nutzung des Tieres zu dessen Schutz oder zum Schutz anderer Tiere unerlässlich ist. Bei einem Audit der EU im Jahr 2018 in Deutschland wurde festgestellt, dass das Kupieren in Deutschland wie auch in vielen anderen Mitgliedsstaaten fast flächendeckend erfolgt. Deutschland und die betroffenen Mitgliedsstaaten wurden daher verpflichtet, einen Aktionsplan vorzulegen, mit dem sichergestellt wird, dass die Vorschriften künftig eingehalten werden. Der nationale Aktionsplan für Deutschland wurde 2019 verpflichtend eingeführt. Damit wurde für den Tierhalter Rechtssicherheit geschaffen, unter welchen Bedingungen das Kupieren zulässigerweise erfolgen kann. Der Aktionsplan sieht ein schrittweises Vorgehen für den Ausstieg aus dem Kupieren vor. Die Haltung von unkupierten Tieren stellt die Schweinehalter jedoch vor enorme Herausforderungen und erfordert einen langen Lernprozess. Daher sollten Schweinehalter die Zeit jetzt nutzen, um rechtzeitig und behutsam Erfahrungen mit unkupierten Tieren in ihrem Bestand zu sammeln und sukzessive auszuweiten.

Um die von den vorgenannten Punkten besonders betroffenen Betriebe zu unterstützen, steht der Freistaat den Betrieben mit unterschiedlichen Angeboten zur Seite, wie etwa mit Unternehmensberatung, diversen Förderprogrammen und zukunftsgerichteten Forschungsprojekten.

Geflügelhaltung

Die in Bayern auf hohem fachlichem Niveau arbeitende Geflügelhaltung konnte sich im Berichtszeitraum weiter stabilisieren. Im Bereich der Geflügelmast arbeiten die Betriebe weiterhin daran, die Forderungen der Zivilgesellschaft zu mehr Tierwohl insbesondere in der Putenhaltung nachzukommen. Die bayerischen Betriebe beteiligen sich mehrheitlich an den freiwilligen ITW-Vorgaben. Diese liegen alle über den gesetzlichen Standards. Die Mastputen- und Mastgeflügelbetriebe sind bereit, weitere Anstrengungen zur Optimierung von Tierwohlkriterien zu unternehmen, benötigen jedoch einen finanziellen Ausgleich für die höheren Produktionskosten.

Die Legehennenhaltung erlebte im Jahr 2023 einen beachtlichen Rückgang der Rentabilität. Die inflationsbedingten Preissteigerungen führten zur Kaufzurückhaltung für höherwertige Hühnerei-Produkte. Kostenintensive Mobilställe konnten nicht wirtschaftlich betrieben werden. Es kam zu einem negativen zeitraumechten Gewinn je Familienarbeitskraft. Die Betriebe reagierten und senkten ihre Kosten durch eine Verlängerung der Nutzungsdauer der Legehennen bis hin zu 18 Monate Legezeit. Damit verbunden war eine Zeit der Mauser ohne Legeleistung. Andere Betriebe setzten die Einstallung von Junghennen aus. Im letzten Quartal 2023 erholten sich sehr langsam die Ei-Preise.

Mobilställe für Legehennen wurden in den zurückliegenden Jahren verstärkt aufgestellt. Sie sind bei den Kunden beliebt, da die Haltungsform dem Kunden Transparenz gibt und frische Eier von artgerecht gehaltenen Legehennen verspricht. Für den landwirtschaftlichen Betriebsleiter bringen Mobilställe hingegen erhöhte Managementanforderungen. Das Fütterungs- und Lichtregime, die Frischwasserversorgung, das anspruchsvolle Auslaufmanagement zum Schutz vor Beutegreifern und eine an die Witterung angepasste Lüftung in den heißen Sommermonaten bedeuten einen erhöhten Arbeitszeitaufwand von 500 bis 700 Arbeitszeitstunden je Mobilstall. Die damit verbundenen hohen Produktionskosten konnten oft nicht durch höhere Ei-Preise gedeckt werden.

Die gesetzlichen Auflagen im Bereich der Technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TA-Luft) fordern von den Betrieben eine Reduzierung der Ammoniakemissionen. Hier müssen individuelle Lösungen gefunden werden. Mittels qualifizierter Abluftreinigung und weiterer Maßnahmen haben die Betriebe die Minderungspflicht für Ammoniak von mindestens 40 % bis Ende 2026 zu erfüllen.

Bienenhaltung und Imkerei

Bienenhaltung und Imkerei ist in Bayern in der Gesellschaft städtischer wie ländlicher Gebiete tief verankert. Die Anzahl der Imker und Bienenvölker hat sich auf hohem Niveau stabilisiert und liegt bei 42 000 Imker und 270 000 Bienenvölker bei bundesweit ca. 1 Mio. Bienenvölker. Von den westlichen Honigbienen (Apis mellifera) sind die Züchtungsrichtungen Carnica (80 %), Buckfast (20 %) und dunkle Biene (1 %) vertreten.

Der Klimawandel stellt die Imker vor neue Herausforderungen. Die Verfrühung der Vegetation, das frühe Blühende der Trachtpflanzen im Sommer, Extremwetterereignisse wie Hitzeperioden mit bis zu 40° C, Starkregenereignisse sowie lange Trockenphasen wirken sich zwangsläufig auf die Bienenvölker und auf die Honigqualität aus. In Forschungsprojekten, die 2023 starteten, sollen die Auswirkungen erfasst und Gegenmaßnahmen ermittelt sowie Handlungsempfehlungen für die imkerliche Praxis erarbeitet werden.

Im Herbst 2022 wurde die invasive asiatische Hornisse Vespa velutina nigrithorax im Landkreis Aschaffenburg nachgewiesen. Im Jahr 2023 setzte sich deren Verbreitung fort und es wurden fünf Nester gefunden und entnommen. Mit einem Nahrungsbedarf von ca. 20 kg Insekten je Hornissennest richtet Vespa velutina Schäden nicht nur bei Bienenvölkern, sondern ebenfalls in der heimischen Insektenwelt und bei Erntehelfern in der Obst- und Weinernte an. Mit einer jährlichen Vermehrung um den Faktor 10 erwarten die Imker im Jahr 2024 einen steigenden Druck auf die Bienenvölker und hoffen aufbauend auf den Erfahrungen im letzten Jahr möglichst viele Nester zu finden und in Zusammenarbeit mit der unteren Naturschutzbehörde entnehmen zu können.

Die Varroamilbe ist seit Jahren der größte Schädling und jährlich verantwortlich für das Sterben von tausenden von Bienenvölkern. Um den Einsatz von Varroa-Bekämpfungsmitteln weiter zu reduzieren, haben sich die Züchter aller Züchtungsrichtungen auf Bundesebene zusammengeschlossen und im Jahr 2023 das Resistenzzuchtprogramm varroaresistente Biene 2033 gestartet. Ein anspruchsvolles Projekt, an dem sich jeder Bienenzüchter beteiligen kann und sollte.